Wie können wir unsere Demokratie stärken? Darüber diskutierten am Montag (30. Oktober 2023) in Kemnat auf Einladung der CDU Ostfildern rund 60 Bürgerinnen und Bürger mit dem Beauftragten der Landesregierung gegen Antisemitismus, Dr. Michael Blume. Seine Erwartung: „Die nächsten Jahrzehnte werden richtig heftig.“

„Ich vermisse inzwischen die alte bundesrepublikanische Debattenkultur mit einem gemeinsamen Wertefundament“, so der Stadtverbandsvorsitzende Dr. David Preisendanz in seinem Eingangsstatement. „Damals gab es nur Fakten und keine alternativen Fakten.“ Doch die Antwort auf Spaltung sei „nicht weniger Debatte“, sondern die Unterscheidbarkeit der Positionen demokratischer Parteien; dabei komme es aber immer auch auf Abgewogenheit, Toleranz und Kompromissfähigkeit an.

„Die nächsten Jahrzehnte werden richtig heftig“

Die Gemeinderätin und stellvertretende CDU-Stadtverbandsvorsitzende Dr. Pamela Sichel wies wiederum auf die Auseinandersetzungen und Bedrohungen rund um den jüngst eskalierten Nahost-Konflikt hin: „Wir sind in einer Stimmung, in der viele nicht wissen, was das für uns bedeutet und was hier noch auf uns noch zukommt.“

„Die nächsten Jahrzehnte werden richtig heftig“, zeigte sich Dr. Michael Blume überzeugt. Der Beauftragte der Landesregierung gegen Antisemitismus begründete dies mit drei Faktoren, die von den Philippinen bis zu den USA dazu führten, dass Verschwörungsmythen und damit auch der Antisemitismus sowie anti-demokratische Tendenzen zunähmen.

Digitalisierung, Demografie und Klimakrise als Brandbeschleuniger

So überfordere – erstens – die Beschleunigung der Digitalisierung viele Menschen. Zweitens wirke die demografische Entwicklung mit sinkenden Geburtenraten zugunsten von autoritären Kräften, da es immer weniger junge, kritische und progressive Menschen in den Gesellschaften gebe. Und drittens mache die Klimakrise mit den geforderten Einschränkungen vielen Menschen Angst.

Einige flüchteten sich in ein Freund-Feind-Schema, das mit Verschwörungsmythen einhergeht und reduzierten so für sich die Komplexität der Wirklichkeit. Blume betonte: „Der Glaube an die Weltverschwörung läuft immer auf Antisemitismus hinaus.“ Diese Entwicklung lasse sich wiederum mit der durch das Judentum begründeten Alphabetisierung der Menschheit erklären, die nicht nur für Anerkennung gesorgt, sondern auch zu Ablehnung geführt habe.

Blume: „Das Schlimme am Antisemitismus ist neben der Judenfeindlichkeit, dass Antisemiten immer auch auf andere Gruppen losgehen: Politiker, Ärzte, Lehrer. Der Hass ist inzwischen so stark geworden, dass ich Sorge habe, dass sich noch genügend Menschen für die Kommunalwahl aufstellen lassen.“

„Die Demokratie kann von unten kaputtgehen“

Von den Gegnern der Demokratie sei dies beabsichtigt: „Die wollen nicht, dass es noch Auswahl gibt.“ Auf diese Weise könne die Demokratie „von unten kaputtgehen.“ Entscheidend sei deshalb, dass Demokraten zusammenhielten, sich klarmachten, dass das Verbindende stets größer sei als das Trennende und den öffentlichen Raum – auch „die Straße“ – nicht aufgäben. „Ich glaube, dass wir es dann schaffen werden.“ Die Überzeugung von Blume, der selbst Christdemokrat ist, ist ohnehin klar: „Demokratie braucht Vielfalt, um sich weiterentwickeln zu können.“

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